Philippinische Kultur: Hiya

HiyaDer zentrale Wert der philippinischen Gesellschaft ist „hiya“ (Tagalog, in Visaya: ulaw), der das soziale und individuelle Verhalten der Filipinos kontrolliert. Hiya ist ein Gefühl von Versagen und löst tief im Innern Scham und Schande aus, wenn Filipinos realisieren, dass sie gegen die Verhaltensregeln und Erwartungen der Gesellschaft verstoßen haben. Dieses, schon seit alten Zeiten anerzogene Gefühl hat die meisten Filipinos zu scheuen und zurückhaltenden Menschen gemacht. So scheuen sich die meisten, ein Problem, Anliegen oder einen Wunsch direkt einer Person vorzubringen. Hiya ist aber auch ein Zwangsmittel, mit dem bereits kleine Kinder in bestimmte soziale Verhaltensnormen erzogen und gezwungen werden. Es prägt die zwischenmenschlichen Beziehungen der Filipinos entscheidend und drückt sich in vielen kleinen, aber typisch philippinischen Verhaltensweisen aus. Es ist zum Beispiel ungebührlich, offene Kritik an einer Person oder Gruppe zu üben, und man äußert solche immer indirekt mit beschwichtigenden Redensarten.

Das Verstehen von Hiya macht es Ausländern möglich, bestimmtes Verhalten der Filipinos besser zu verstehen, führt aber dennoch immer wieder zu schwierigen Situationen und unschönen Empfindungen beim Ausländer. Vergleichen wir einmal westliche Denkweisen mit denen von Filipinos:

Westliche Denkweise Filipino Denkweise
Menschen sind gleich. Denken in Hierarchien
In der westlichen Denkweise sind Menschen, arm oder reich, letztlich gleich. Für Filipinos sind reiche Menschen „gleicher“ als arme, Reiche stehen immer „über“ den Armen.
Horizontale Betrachtung von Menschen (Gleichstellung) Vertikale Betrachtung von Menschen (Hierarchie)
Filipinos sagen oft: „Er ist höher als du.“ oder „Du bist höher als sie.“ Und normalerweise ist ein Ausländer immer ganz an der Spitze oder nahe der Spitzenposition, einfach nur, weil er ein Ausländer ist. Dabei spielt es keine Rolle, dass man den Ausländer und seinen persönlichen Hintergrund überhaupt nicht kennt.
Ein stark ausgeprägter Sinn für „richtig“ und „falsch“ Scham ist ein Hauptkontrollsystem.
Für einen Ausländer kann eine Person einmal gut und einmal schlecht sein, abhängig davon, ob sie in einer Situation das Richtige und in einer anderen Situation das Falsche getan hat. Filipinos haben die Denkweise, dass, wenn eine Person, die ganz oben steht, etwas falsch macht, dieses ignoriert werden kann, um diese hochstehende Person nicht in Verlegenheit zu bringen. Es wäre eine Schande, dieser Person zu sagen, dass sie etwas falsch gemacht hat.
Gut oder schlecht. Was werden die Leute sagen?
Viele Ausländer kümmert es wenig, was andere Leute denken, solange sie selbt davon überzeugt sind, das Richtige für sich und die Familie zu tun. Was andere Leute denken, spielt nicht wirklich eine Rolle im Denken. Für Filipinos ist es von größter Bedeutung, was andere Leute denken.

Wie Sie sehen können, ist es für Filipinos sehr wichtig, was andere Leute denken. Wenn Sie etwas tun, was ein schlechtes Licht auf einen Filipino wirft, dann verliert diese Person ihr Gesicht, weil andere Leute sehen, dass diese Person etwas Schlechtes getan hat. Tut jemand etwas Schlechtes, aber keiner bemerkt es, dann ist es, als wäre nichts geschehen. Wenn Sie nun diese Missstände aussprechen, dann werden Sie mit schwerwiegenden Problemen rechnen müssen, da sie das Ansehen dieses Filipinos für Beobachter herabsetzen. Tun Sie das besser nicht!

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